Anfang Mai war es allerorten zu lesen (sogar oberhalb der Elbe) – die Monorailbahn auf dem Gartenschaugelände würde tatsächlich gebaut. Was nicht zu lesen war: Einhergehend damit will die igs nun abermals vehement in den Biotopbestand eingreifen. Galgenbrack, Kuckuckswettern und geschützte namenlose Sumpfbereiche werden durch das Vorhaben „teilweise erheblich beeinträchtigt bzw. zerstört“, so steht es in der bereits erteilten Ausnahmegenehmigung der BSU.
Die igs möchte ihren erhofften 2,5 Millionen Besuchern unter anderem Einblick in diese unter Schutz stehenden Biotope geben – als eine „Attraktion“ der Gartenschau. Daher muss die Einschienenbahn mit ihren Stelzen genau dort hineingetrasst werden. Dabei geht es natürlich um Profit, denn eine Leistungsschau der Garten- und Landschaftsbauer benötigt genügend zahlende Besucher, um tragfähig zu sein. So soll also die Monorailbahn futuristisches Lockmittel á la Jules Verne sein, an den ja auch die 80 Gärten um die Welt angelehnt sind.
Entwickelt wurde das Fahrzeug bereits in den technikgläubigen 40er-Jahren. Es kam dann allerdings wegen ungenügender Alltagstauglichkeit fast nur in öffentlichen Vergnügungsparks zum Einsatz. Letztlich ist eine Monorailbahn auch wenig anderes als eine verlangsamte Achterbahn, die nur durch ihre Optik Fortschritt verheißt. Der Hersteller Intamin hat sich übrigens folgerichtig mit seinem Tochterunternehmen Intamin Amusement Rides auch dem Bau von eben diesen gewidmet.
Angesichts des zum Eintritt hinzukommenden Fahrpreises werfen sich Fragen auf: Was haben eigentlich die Wilhelmsburger davon? Wird die Wilhelmsburger Wirtschaft dadurch angekurbelt? Und um welchen Preis? Wir haben das Gefühl, dass hier etwas Nicht- Wiederbringbares vernichtet wird für einen Freizeitpark, den sich die Wilhelmsburger letztlich weder leisten können, noch – zumindest geht uns das so – etwas mit dieser Form von Freizeit anfangen können. Hier wird einfach nur die stadtteilprägende Landschaft in ein Garten- und Landschaftsbaudisneyland verwandelt, ganz im Sinne des Profits.
Mit einer solchen Planung zeigt die igs GmbH unserer Ansicht nach ein weiteres Mal, dass die Aussage vom „behutsamen Eingreifen“ nur beruhigendes Gerede war. Der verkündete Schutz der Biotope, die Planung mit dem Bestand – leere Phrasen. Erneut sollen ökologisch wertvolle Areale vernichtet werden, um mit der Monorail für ein halbes Jahr (im Anschluss muss die Bahn wieder rückgebaut werden) Touristenmassen anzulocken. Der Blick in den Restbestand der Biotope nennt sich dann wohl noch aufklärender Umweltschutz. Naturlandschaften aber sind kein Spektakel!
Die Touristenbahn reiht sich nahtlos in eine ganze Reihe planerischer Rücksichtslosigkeiten der igs 2013 ein: Vertreibung von Kleingärtnern, immer weiter ausufernde Zahlen von Baumfällungen, willkürlich ins Gelände geplante Bebauungen und Versiegelungen, gigantische Bodenzerstörungen durch flächiges Aufschütten von Abraum oder ein Kanukanal, der die gegebene Kulturlandschaft konterkariert und allenfalls Freunde rechter Winkel begeistern kann.
Gartenschauchef Heiner Baumgarten (der übrigens unerklärlicherweise immer noch seinen Vorsitz beim niedersächsischen Naturschutzverband BUND innehat) sagt in Interviews oder bei den missglückten Bürgerdialogen gerne, die igs würde aus wüsten Brachen wunderschönes Grün schaffen. Tatsächlich aber wird das bestehende Grün der Kommerzialisierung geopfert. Das Gartenschauland wird entweder schier gemacht und an Investoren verkauft oder für vorübergehenden Tourismus verbraucht. Die wüsten Brachen gibt es dann vielleicht tatsächlich: nämlich nach der Gartenschau.
Wie die Realität für die Wilhelmsburger aussieht, zeigt sich am Beispiel des alten Mengestraßen-Friedhofs. Der Park wurde mit so empfindlicher und teurer Möblierung versehen, dass der komplette Bereich nun vor der Bevölkerung, die damit unsachgemäß umgehen könnte, geschützt werden muss und abgezäunt bleiben soll.
Damit wird klar, dass der für nach der Gartenschau versprochene „Volkspark des 21. Jahrhunderts“ eine fragwürdige Angelegenheit ist. Für die spätere Parkunterhaltung sind keine öffentlichen Gelder eingeplant. Da bleibt als Perspektive weitere Privatisierung und Kommerzialisierung des Geländes – inklusive Absperrzäunen gegen die Wilhelmsburger – oder aber ein verwahrloster ehemaliger Vergnügungspark ohne Geschichte, Gesicht und Natur.
Dies sind allerdings keine unumstößlichen Naturgesetze. Politik kann die igs-GmbH und die generellen Planungen noch umsteuern – hin zum Erhalt ökologischer und kultureller Wertigkeiten und hin zu den tatsächlichen Erholungsbedürfnissen der Bevölkerung, die oft mit Freiflächen, Naturerfahrung und Ruhe zu tun haben und eben nicht immer nur mit kommerziellem Dauerhalligalli.
(Und das, liebes „Unternehmen Hamburg“, ließe sich im internationalen Stadtmarketing ja vielleicht sogar auch verwerten…)
Die Monorailbahn der igs in der Hamburger Presse:
Hamburger Abendblatt: Neue Bahn völlig losgelöst über Wilhelmsburg
Harburger Anzeigen und Nachrichten: Unterwegs mit dem Zug der Zukunft und So schlängelt die IGS-Monorail
ndr.de (Bericht vom Oktober 2010, besonders interessant die Passage “Nur wenn die Besucherströme ausblieben, müsse Hamburg zuzahlen”: Hamburg bekommt eine Stelzenbahn
ein kleiner nachtrag, da dieser aspekt aktuell kaum im gespräch ist: bau und betrieb der flachgelegten achterbahn wird allein mittels des durchführungshaushalts der igs-gmbh finanziert – welcher allein auf krediten beruht. der vermeintliche investor hat kein risiko – das trägt (ganz zeitgemäß) die steuerzahlerIn.